Freitag, 5. Mai 2006

Die letzten Tage am "See"

Meine Urlaubstage gehen zuende, zuhause erwarten mich wieder die gewöhnlichen Pflichten des Alltags, auf die ich keinerlei Lust verspüre. Zu sehr habe ich mich daran gewöhnt, dass mir alles aus der Hand genommen wurde und ich mich nur um mein Wohlergehen kümmern brauchte.
Aber...ich weiss ja, dass ich bald wiederkommen kann (der Zeitpunkt steht noch nicht fest) und ich dann auch nicht wieder Abschied nehmen muss. Die Aussicht, hier für immer leben zu können, wird mir auch die Kraft geben, die nächsten Monate leicht zu überwinden.

Was kann ich abschliessend über diesen Ort und mein Leben hier sagen, ausser dem, was ich schon erzählt habe? Dass er auf Jung und Alt wie ein Magnet wirkt, wie ein Jungbrunnen für Körper, Geist und Seele, dass er jeden Tag Ueberraschungen bereithält, dass sich keiner hier einsam oder verlassen fühlt, dass es sowas wie Generationskonflikte nicht gibt und noch vieles andere mehr.Ich kann es gar nicht alles aufzählen. Für mich persönlich sehe ich soviele Perspektiven vor mir, sodass ich auch die letzten Jahre meines Lebens mich nie langweilen werde. Ideen und Pläne habe ich genug und hier gibt es junge Menschen die, wenn es denn sein soll, helfen werden, sie zu verwirklichen.

Für heute mache ich Schluss und sage

ciao

Jakobe

Mittwoch, 3. Mai 2006

Am "See" 3. Mai

Durch den regen Austausch mit den verschiedensten Menschen hier, fühle ich mich sehr bereichert, denn von jedem kann ich wieder etwas lernen. So zum Beispiel, wie wichtig es ist für das eigene Wohlbefinden, alles was man macht, mit Freude zu tun und im richtigen Masse (es gibt hier kein sz). Besonders das Letztere habe ich in meinem Leben immer wieder missachtet. Jetzt aber, wo die Kräfte aus Altersgünden schwinden, erkenne ich, welchen Raubbau ich aus Leichtsinn an mir getrieben habe. Die Folge waren immer Krankheiten oder sonstige Leiden. Aber auch das rechtzeitige Innehalten will gelernt sein.

Heute Nacht lag ich einige Stunden wach (hatte nachmittags zuviel geschlafen) und da fiel mir wieder ein, dass ich vor Jahren zusammen mit einem jungen Architekten einen Plan für einen botanischen Garten erstellt hatte. Zusammen hatten wir uns verschiedene alte Gärten angeschaut und auch die dazugehörigen Gebäude und Einrichtungen zum Trocknen, Lagerung, Verarbeitung und Ausstellung der Pflanzen. Natürlich wälzte ich auch alte Bücher und Schriften, machte auf grund unserer Recherchen einen Plan, den mein junger Freund dann zu einem Poster vergrösserte und farblich gestaltete. Bevor die Arbeit hier im Archiv landete (es waren keine Gelder und die nötigen Arbeitskräfte da, um so ein Projekt auszuführen), hatten wir aber die Gelegenheit, zwei Funktionären der UNO, die gerade hier zu Besuch waren, diese Arbeit zu zeigen. Ihre Begeisterung darüber freute uns natürlich sehr.
Jetzt, seit ich hier bin, kommt mich aber fast täglich eine Nachbarin besuchen, die sich in Kräuterkunde ausgebildet hat und sich nun intensiv mit dem Thema der Anpflanzung, Lagerung und Anwendung von Heilkräutern befasst, um auf dem Gelände der Stiftung eine eigene Produktion von Heilpflanzen einzurichten. Da auch der Anbau von Heilpflanzen von vielen "schwarzen Schafen" unterwandert ist und es fast unmöglich ist, alles und überall gebührend zu kontrollieren, halte ich dieses Projekt für sehr wichtig. Vor allem macht es die Stiftung unabhängig von irgendwelchen absurden Gesetzen, die den freien Verkauf von Kräutern und deren Derivate unterbinden wollen, wie es bereits in den USA der Fall sein soll.

Heute ist zum ersten Mal wieder ein strahlender, warmer Tag, während das Wetter der letzten Tage trüb und ungemütlich war. Nun kann es eigentlich nur besser werden.

Ciao ciao sagt

Jakobe

Dienstag, 2. Mai 2006

2. Mai am "See"

Es war ein bewegter Tag heute für mich. Morgens hatte ich zwei Behandlungen, von denen die eine von der Musik eines neuen Musicals begleitet wurde. Das Thema ist "Padre Pio" und die Uraufführung ist Ende Mai am Wallfahrtsort San Giovanni Rotondo. Meine Therapeutin, eine langjährige Freundin, ist die Mutter des Komponisten. Die Musik wird von Musikern aus dem Orchester von Enrico Morricone gespielt, der ja auch bei uns ein Begriff ist. So habe ich doppelt genossen: die wohltuende Gesichtsmassage (natürliches Facelifting, http://www.villaleri.it/de/prom.htm) und eine wunderbare, zu Herzen gehende Musik. Den Komponisten habe ich übrigens kennengelernt, als er 11 Jahre alt war und mir sehr einprägend erklärte, wie man mit den negativen Kräften fertig wird, sich vor ihnen schützt und sie bekämpft.

Nach dem Mittagessen, für das die sehr liebe, halbblinde Livia Bandnudeln hergestellt hatte, die ganz köstlich waren, habe ich mich schlafen gelegt und wachte erst um 5 Uhr wieder auf. Um sechs kamen viele Senioren unseres Vereins auf Besuch und wir haben unter anderem über die Gemeinsamkeiten der Weltreligionen gesprochen (wir sind zwar ein katholisch ausgerichtetes Zentrum aber mit starker ökumenischer Prägung) und über die wunderbare Heilung einer von uns, die sich nach langer Leidenszeit durch Selbstheilung und ihres festen, unerschütterlichen Glaubens von einem schweren Unterleibleidens befreien konnte. Natürlich zum grössten Erstaunen der Schulmediziner, die sie über Jahre hindurch untersucht und beobachtet hatten.

Vor dem Abendessen wollte ich auch an dem abendlichen Gottesdienst (wie der heisst, weiss ich nicht auf deutsch) teilnehmen. Da ich die Lieder und Worte nicht kenne, habe ich nur zugehört. Die Stimmen von den meist jungen Menschen waren reine Streicheleinheiten für die Seele und ich habe alles sehr genossen.

Nun bin ich schon wieder müde und werde sicher gut schlafen.

Daher sage ich Buona Notte und ciao

Jakobe

Montag, 1. Mai 2006

1. Mai am "Kleinen See"

Nun ist es schon Abend und die vielen Gäste, die von nah und fern auch mit Bussen gekommen waren, um den 1.Mai zu feiern, sind wieder abgereist.

Ich hatte es vorgezogen, die Stille zu geniessen. Nach einer Anti-Stressbehandlung heute morgen fühlte ich mich so fit wie noch nie und verbrachte den Rest des Vormittages im Garten, wo mir gleich ein guter Freund Gesellschaft leistete, den ich schon lange nicht mehr gesehen hatte. So verging die Zeit im Nu und ich musste mich sputen, um nicht zu spät zum Essen zu kommen.

Auch den Nachmittag habe ich nur im Garten zugebracht oder bin mit Freundinnen spazieren gegangen, während die Jugend sich in anderen Teilen des Geländes getroffen hatten zum Picknik, zum Singen und Tanzen. Aber das habe ich mir alles von meinem Sohn erzählen lassen.

Meinen angeknacksten Arm reibe ich jeden Abend mit Kohlöl ein (zu Kohlwickeln hatte ich keine Lust mehr) und es geht ihm immer besser.

Mal sehen, was der morgige Tag bringen wird.

Ciao

Jakobe

Sonntag, 30. April 2006

Der "Kleine See", meine Wahlheimat

Nachdem ich am 20. April im Wellnesscenter von Lago di Montecolombo, von den Bewohnern des Dorfes der Stiftung "Fondazione Leo Amici" liebevoll "der kleine See" genannt, eine längere Entspannungskur angetreten bin, hatte ich die Idee, von meinen Erlebnissen zu erzählen. Seit 24 Jahren bin ich Mitglied eines Vereins, der die Stiftung unterstützt.

Es fing gleich gut an, denn in der ersten Nacht, die ich im Hotel verbrachte, stürzte ich im Badezimmer, wobei ich mir das linke Handgelenk angebrochen habe.

Da ich durch dieses Missgeschick pflegebedürftig war, sollte ich nicht allein wohnen und so landete ich in einer kleinen Senioren-WG, die aus vier Mitbewohnern besteht.

Das sind Gianni (77) und seine Frau Livia (72 und fast blind) und Graziella (73 und ebenfalls fast blind) und meine Wenigkeit (79). Gianni sorgt rührend für's leibliche Wohl, das heisst er bekocht uns mittags und abends. Ausserdem kümmert er sich nachmittags ehrenamtlich (wie die meisten, die hier arbeiten) um unser Museum. Eine jüngere Nachbarin kommt mein Zimmer und das Bad sauber halten und für alles, was ich sonst noch nötig habe, sind immer liebenswerte junge Menschen bereit, mir zu helfen. Noch nie in meinem Leben hatte ich es so bequem!

Jeden Tag bekomme ich ein bis zwei Reflexzonen-Ganzkörper-Behandlungen und die sind ein wahrer Hochgenuss. Die ersten Tage war ich immer nur müde, aber nun fühle ich mich von Tag zu Tag ausgeruhter. Wenn das Wetter schön ist (bis heute war es das immer) gehe ich entweder an unserem kleinen See spazieren oder setze mich in den Garten und mache meine Mudras oder lese. Meistens kommt mich jemand besuchen und dann gibt es immer viel zu erzählen.


Hurra, hurra, der Computer ist da!
Das war vielleicht eine lange und schwere Geburt!
Ein PC musste gefunden werden, ein geeigneter Platz in meiner WG, ein Computertisch, und zum Schluss auch noch die Genehmigung der Telekom. Für alle technischen Probleme habe ich einen "PC-Engel", ein ganz lieber junger Spanier, der in seiner Freizeit abends bei mir vorbeikommt, um mir alles so einzurichten, wie ich es brauche. Gerade entdecke ich, das er mir den Browser für deutsch eingestellt hat.

Seit sich herumgesprochen hat, dass in der Alten-WG jemand ist, der sich mit Internet auskennt, haben schon viele junge Frauen und Mädchen ihren Besuch bei mir angesagt *ggg* . Mehrere wollen bei mir lernen. Aber erstmal muss ich mich noch erholen.

Ich habe schon vielen jungen oder jüngeren Freunden von den Mudras erzählt. In den nächsten Tagen kommt das Buch, das auch ich habe, auch auf italienisch heraus. Dann wird hier eine Mudra-Manie ausbrechen!!! Denn alle Vereinsmitglieder möchten sich nur mit natürlichen Mitteln und Methoden behandeln.

"Am See", 29. April

Es ist noch früh am Morgen und solange die anderen noch schlafen, nütze ich die allgemeine Ruhe, um ein paar Worte in mein Tagebuch zu schreiben. Das Zimmer, in dem der PC steht, ist nämlich ein Teil eines grossen Wohn-Ess und Küchenbereiches, in dem sich unser Leben abspielt, wenn wir uns nicht anderswo im Dorf (Dörflein) aufhalten. Jetzt, wo es mir jeden Tag besser geht und ich den Computer habe, halte ich
mich auch immer weniger in meinem Zimmer auf. Eigentlich nur noch nach den Behandlungen, weil ich dann immer sehr müde bin.

Heute ist Samstag und irgendwann wird mein Sohnemann eintrudeln. Ich bin vormittags aber mehrere Stunden mit Anwendungen beschäftigt. Nachmittags will ich mich gut
ausruhen, denn heute Abend findet ein Musical statt, das ich unbedingt sehen möchte.

In einer WG zu leben, ist auch etwas, was gelernt werden will. Ich sah einmal eine Sendung bei Arte über eine Hamburger Senioren-WG, die mit grossem Elan, Begeisterung und Erwartungen testmässig gegründet worden war. Leider hatte ich die letzte Folge verpasst, aber wie man mir erzählte, ist sie in Wirklichkeit nie zustande gekommen, weil ein Zusammenleben anscheinend nicht möglich war. Es wird immer gesagt, dass sowas nur klappen kann, wenn die verschiedenen Mitglieder unter einander befreundet sind. Ich selber bin nun davon überzeugt, dass es in jedem Fall eine grosse Herausforderung bedeutet, friedlich und harmonisch zusammenzuleben und dass Freundschaft allein noch keine Garantie für einen Erfolg bietet.

In meiner momentanen WG, die sich "Casa Meta" nennt, was soviel wie "Haus am Ziel" (oder so ähnlich) bedeutet, lebe ich mit Menschen zusammen, die ich bisher nur flüchtig kannte, von denen ich aber von ihrem grossen ehrenamtlichen Einsatz über fast drei Jahrzehnte hinweg in dieser gemeinnützigen Struktur Bescheid weiss. Was uns verbindet, ist erstens unser Glaube und zweitens unsere Treue gegenüber diesem Dorf, das wir alle gewollt haben und das wir lieben. Ausserdem sind wir alle vier gewillt, unser Bestes auch in unseren kleinen Gemeinschaft zu geben. Das bedeutet oft, die eigene Person zum Wohle aller hintenan zu stellen. Und genau das versuche ich zu lernen und muss sagen, in einer Woche hat es zwischen uns noch nie auch nur die kleinste Differenz gegeben. Und da jeder von uns die gleiche Arbeit an sich leistet, wird es auch weiterhin klappen. Davon bin ich überzeugt.

Ich mit all meinen "verrückten" Angewohnheiten bin sicher eine gewöhnungsbedürftige Mitbewohnerin. Es liegt an mir, mich zurückzuhalten, wenn es nötig ist und Rücksicht auf die Bedürfnisse der anderen zu nehmen. Also ein Lernprozess wie es das ganze Leben sowieso ist oder wie ich es immer gesehen habe. Aber auch die anderen fühlen sich durch meine Vielseitigkeit angeregt und wir haben viel Spass miteinander. Ausserdem habe ich oft Besuch von jüngeren Freundinnen, was Leben in die "Bude" bringt. Naja, und Internet im gemeinsamen Wohnzimmer ist natürlich DER Knüller. Auch wenn die zwei Frauen nicht daran teilnehmen können, sind sie stolz, dass in IHREM Haus ein PC steht und von allen Besuchern bewundert wird. Nicht der PC an sich, sondern die Tatsache, DASS er hier steht.

Lago di Monte Colombo, 28. April, Fortsetzung

Während meine WG-Mitbewohner das Mittagessen vorbereiten (Forelle im Ofen, gedünstete Artischocken) und ich auf meine Behandlung warte, nütze ich die Zeit, ein paar Zeilen zu schreiben.

Gestern hat mir ein Vereinsmitglied, Stefano, von seinen 4 Adoptivkindern erzählt. Seine beiden Töchter sind schon erwachsen. Als ein Pfarrer ihnen von verwahrlosten Kindern in Brasilien und Bangladesh berichtete, konnten sie nicht widerstehen und übernahmen die Patenschaft für vier kleine Babys, die nun schon alle zur Schule gehen und vorbildliche Schüler sein sollen. Eines Tages hoffen sie, sie alle wenigstens einmal besuchen zu können. Stefano ist ein einfacher Fabrikarbeiter und seine Frau geht putzen, um den eigenen Töchtern das Studium zu ermöglichen. Die Patenschaft für Brasilien und Bangladesh kostet nur € 12,50 pro Kind und Monat.

Meine grösste Schwierigkeit hier "am See" ist, zweisprachig zu funktionieren. Es ist für mich leichter, das Italienisch aufzufrischen, als nicht das Deutsch zu vergessen. Besonders nachts, wenn ich mal nicht schlafen kann, denke ich mal in einer Sprache mal in der anderen. Das wird sich wohl mit der Zeit einpendeln hoffe ich.

Denn dass ich hierher übersiedele ist nun beschlossene Sache. Es warten viele Aufgaben auf mich, sodass ich mich nie langweilen werde.

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